Prälat Johannes B. Torelló. Würdigung

Wien 26.8.2011. Anlässlich des Requiems für Prälat Johannes B. Torelló zeichnete Bischof Klaus Küng ein Lebensbild des ehemaligen Regionalvikars des Opus Dei in Österreich und langjährigen Rektors der Wiener Peterskirche.

Sehr jung hat sich Prälat Torelló für Gott entschieden: Er war damals 21 Jahre alt, am Ende des Medizinstudiums, als er in Barcelona zum ersten Mal dem Gründer des Opus Dei begegnete. Fasziniert von ihm und dem, was er sagte, hat er sich sehr rasch entschlossen. Sehr bald hat der junge Medizinstudent zusammen mit einigen anderen in Barcelona sehr schwierige Zeiten erlebt: Nicht nur von den äußeren Umständen her – der furchtbare Bürgerkrieg war noch nicht lange zu Ende, der Zweite. Weltkrieg voll im Gange –, sondern wegen des Unverständnisses, mit dem damals manche wichtige Personen der Kirche und der Gesellschaft Barcelonas der jungen Gemeinschaft begegneten. Es war eine regelrechte Verfolgung, eine richtige Feuerprobe, die sie bestehen mussten. Und sie haben sie bestanden.

Prälat Torelló gehörte zu den ersten Priestergenerationen des Opus Dei. 1948 empfing er die Priesterweihe und wurde sehr bald vom Gründer des Opus Dei, der damals bereits in Rom weilte, nach Sizilien entsandt. Mich hat immer beeindruckt, wenn Dr. Torelló von seiner seelsorglichen Arbeit in Palermo erzählte: Es war in diesen Erzählungen sehr deutlich spürbar, wie sehr er dieses Land und seine Leute geliebt hat, und die Tatsache, dass noch viele Jahre später sich regelmäßig Familien aus Palermo meldeten, zeigt, wie sehr sie ihn liebten. Ähnliches ist später genauso passiert, auch in Österreich. Er hat immer wieder sehr schnell den Zugang zu den Herzen der Menschen gefunden. Er war ein begnadeter Prediger, ein gesuchter Beichtvater, ein sehr tief mit Gott verbundener Priester und zugleich sehr menschlich.

Er war nicht jemand, der sich selbst gesucht hat, die eigene Karriere oder das eigene Ansehen. Die Möglichkeit dazu hätte er gehabt. Als der Gründer des Werkes es für nötig hielt, ihn zu bitten, in der Schweiz die apostolische Arbeit zu begründen, ließ er in Sizilien, obwohl dort eine blühende Arbeit entstanden war, alles liegen und stehen und ging in die Schweiz. Aber zwei Jahre später kehrte er wieder nach Italien zurück, weil er gebraucht wurde. Er musste das Amt des Regionalvikars für Italien übernehmen. 1964 kam er dann in unser Land.

Ich habe ihn immer so erlebt als jemand, der für Gott, die Kirche, für die Menschen da war, verfügbar, bereit zu dienen.

Zu den besonderen Merkmalen seiner Persönlichkeit gehörte seine große Fähigkeit zu Freundschaft. Er war jemand, der oft sehr rasch mit unterschiedlichsten Personen einen sehr herzlichen Kontakt fand. Das war wohl eine der Voraussetzungen dafür, warum viele Menschen so rasch Vertrauen zu ihm fassten und mit allen ihren Sorgen und Nöten zu ihm kamen. Ich kann mich z.B. an so manches Gespräch mit Kardinal König erinnern, bei dem ich dabei sein durfte. Bei nicht wenigen Gelegenheiten wollte Kard. König seinen Rat hören, er suchte seine Hilfe. Es waren aber nicht nur wichtige Personen, die oft über viele Jahre hinweg sehr herzlich mit ihm verbunden waren. Viele kamen: junge Mensche, ältere, Männer, Frauen, Verzweifelte, Verwirrte, Menschen vor einer wichtigen Entscheidung oder solche in einer Sackgasse.

Wie selten jemand verstand er es, zuzuhören und zu verstehen, zu trösten ohne falschen Trost, aufzubauen, wenn jemand depressiv war, Mut zu machen, wenn jemand nicht mehr konnte, zu orientieren und zu begleiten, wenn jemand dies wünschte, immer mit großem Respekt vor der Persönlichkeit und der Geschichte jedes Einzelnen, auch mit großem Respekt vor der Freiheit.

Seine Grundhaltung war nicht die des Psychiaters, sondern die des Priesters. Er führte die Menschen zu Gott; es war ihm ein großes Anliegen, Vergebung zu vermitteln, Versöhnung mit Gott, oft auch Versöhnung mit anderen und vor allem Versöhnung mit sich selbst, was oft das Schwierigste ist. Er lehrte, auf Gottes Gnade zu bauen, auch wenn seine fachlichen Kenntnisse als Arzt zweifelsohne eine große Hilfe waren zur Unterscheidung von gesund und krank, auch zur Gesprächsführung und psychologisch guten Anleitung. Er war tief in Gott verankert und zugleich total menschlich. Gerade das machte ihn zu einer Persönlichkeit mit sehr großer Strahlkraft.

Es gibt auch noch einen anderen sehr wesentlichen Punkt, den ich erwähnen möchte: Er besaß nicht nur eine beachtliche intellektuelle Bildung und dazu eine ganz besondere literarische Begabung, er war jemand, der die Kirche und die Menschen, auch das Land mit ganzem Herzen liebte. Und das spürte man. Er war auch nicht bloß ein erbaulicher Prediger. Er versuchte, die Herausforderungen der Zeit wahrzunehmen und aufzuzeigen. Er verstand es, mit großer Klarheit, manchmal auch mit Dramatik und Emotion die Gefahren aufzuzeigen und die wahren Perspektiven zu verdeutlichen. In seiner Grundhaltung war er zutiefst optimistisch und aufbauend, zudem originell und humorvoll. Das war wohl der Grund, warum viele seine Predigten gerne hörten und er für viele eine wichtige Orientierungshilfe, ein Halt, ja ein guter väterlicher Freund war.

Die allerletzten Jahre waren schwer für ihn. Es war für ihn nicht leicht, den unvermeidlichen Abschied zu nehmen von dem, was er sehr liebte. Wir dürfen mit ihm froh sein. Wir dürfen hoffen, dass er nun bei Gott ist. Er möchte sicher, dass wir für ihn beten und wir schulden es ihm. Er hat viel Gutes getan. Wir bitten Gott, er möge ihn mit seinem Lohn belohnen und er möge uns beistehen, damit auch wir treu sind. Dem Geist des Opus Dei entsprechend hat Prälat Torelló Maria sehr geliebt. Bitten wir sie um ihre Fürsprache für ihn und für uns alle.